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PSEUDOSESARMA MOESCHI, P. CRASSIMANUM, P. EDWARDSII… (Rote Mangrovenkrabbe)
#1
Text: Oliver Mengedoht, Monika Rademacher
Fotos: Oliver Mengedoht


Wissenschaftlicher Name: Pseudosesarma moeshi, Pseudosesarma crassimanum, Pseudosesarma bocourti, Pseudosesarma edwardsii

Deutscher Name:  "Rote Mangrovenkrabbe", "Rote Thaikrabbe" (engl. "Red Clawed Crab"); P. bocourti: Große blaue Thailandkrabbe (engl. "Big Blue", "Big blue Thailand crab")

[Bild: DSC_8342.jpg]
Pseudosesesarma moeschii-Männchen

Systematik: Domäne Eucaryota (Eukaryoten), Reich: Animalia (Tiere), Unterreich Metazoa (Vielzeller), Abteilung Eumetazoa (Gewebetiere), Unterabteilung Bilateria, Stammgruppe Protostomia (Urmünder), Überstamm Ecdysozoa (Häutungstiere), Stamm Arthropoda (Gliederfüßer), Unterstamm Crustacea (Krebstiere), Klasse Malacostraca (Höhere Krebse), Überordnung Eucarida, Ordnung Decapoda (Zehnfußkrebse), Unterordnung Pleocyemata, Infraordnung Reptantia, Teilordnung Brachyura (Echte Krabben), Überfamilie Grapsoidea, Familie Sesarmidae (Mangrovenkrabben), Arten Pseudosesarma sp.

[Bild: DSC_6088.jpg]
P. crassimanum-Männchen (nicht so rundliche, sondern spitzere, dreiecksförmige Scheren als P. moeschi, glattere Stirn)

Herkunft/Verbreitung: Mangrovenwälder/-küsten Südostasiens

[Bild: DSC_6064.jpg]
Neun "Rote Mangrovenkrabben" der Gattung Pseudosesarma.

Weitere Fotos: http://www.panzerwelten.de/photos/index....tegory/414

Aussehen: Panzer variabel in einem Farbspektrum von braun bis hin zu rot, braune, rötliche bis hin zu blaue Beine (je nach Art), Scheren braun oder rot mit teilweise anders gefärbten Spitzen (weiß, leuchtend rot, gelb). Fast immer haben die Scheren eine kräftigere Färbung als Panzer und Beine, ebenso sind unter Paarungsbereitschaft oft die Kiemenregionen, manchmal auch die Beininnenseiten kräftig gefärbt. Männchen meist mit stark unpaarigen Scheren, Weibchen haben kleinere Scheren.

Geschlechtsunterschiede: krabbentypisch, Männchen haben eine schmale, spitz auslaufende Bauchtasche und wuchtige, unpaarige Scheren, Weibchen breite, rundliche Bauchtasche, die fast den kompletten Bauchraum bedeckt, und schmalere, gleichgroße Scheren.

[Bild: _Maennchen_DSC_4227.jpg]
P. moeschii-Männchen.

[Bild: _Weibchen_DSC_6827.jpg]
P. moeschii-Weibchen.

Größe: bis ca 4 cm Carapax-Breite

Alterserwartung: ca. zwei bis vier Jahre

Wassertemperatur: tropisch (etwa 20 bis 28 Grad, aktiver ab 24 Grad)

[Bild: DSC_7392.jpg]
Herabgefallenes Laub ist in der Natur die Hauptnahrung der Mangrovenkrabben.

Beckengröße/Besatz: Dreiergruppe (1,2) im Aquaterrarium ab 72 L (60 x 30 x 40cm) nach dem Mehr-Ebenen-Prinzip eingerichtet – eine Haltung in Kleingruppen von mindestens drei Tieren ist dringend zu empfehlen, wobei der Geschlechterschlüssel bei 1M/2W gelagert sein sollte.

Generell sollten immer mehr Weibchen als Männchen die Gruppe bilden und es sollte dringend beachtet werden, dass auch bei größeren Gruppen nur dann mehrere Männchen eingesetzt werden können, sofern alle ausreichend Platz zur Revierbildung zur Verfügung haben.

Beckeneinrichtung: Aquaterrarium (Aquarium mit Landteil) und Wurzeln, Steinen, stabilen Pflanzen; gut strukturiert mit Versteckmöglichkeiten (Wurzeln, Steine), Laubblättern (als Versteck und Nahrung). Im Wasser Sand oder Kies, an Land sind Sand, Erde, ein Gemisch oder – nach unseren Erfahrungen wegen der kaum vorhandenen Schimmelbildung am besten geeignet – Terrarienhumus zu verwenden. Auch Brackwasser ist möglich.

[Bild: 2007-03-22_DSC_9533.jpg]
Kurz vor der Häutung bildet sich zwischen Carapax (Rückenpanzer) und Pleon (Bauchklappe) ein weißer Riss.

Futter: krabbentypische Allesfresser
• Laubblätter (in der Natur bei vielen Krabben die Hauptnahrung; es werden vor allem Eichen- und Buchenlaub gereicht, möglich sind aber alle europäischen Laubbaumarten; Seemandelbaumblätter), Mulm, Wasserpflanzen, Schnecken
• Pflanzliches: fast alles an Gemüse und Obst, was es gibt (Erbsen, Gurke, Apfel, Zucchini, Birne, Banane, Weintraube, Tomate, Rosenkohl) außer Petersilie und Bohnen oder anderem, was zuviel Blausäure oder was Kupfer enthält; Möhre (gekocht); Kartoffel und Reis (gekocht); keine Zitrusfrüchte wegen des Säuregehalts
• Trockenfutter: Welstabletten, Fischfutter, Futtersticks, Spirulina-Tabs, Krebs-Tabs, getrocknete Gammarus, Kaninchen-, Meerschweinchen und Chinchillapellets (ohne Kupfer!)
• Frostfutter: Mückenlarven, Cyclops, Artemia, Muschelfleisch
• Lebendfutter: Regenwürmer, zerteilt
• Fleischliches (seltener): Hühnerknochen mit Fleischresten (etwas abgespült, damit möglichst kein Fett ins Becken kommt)
• Fisch: tiefgefrorene Stinte u.ä., Thunfisch, Sardine, Hering etc. frisch oder aus der Dose {im eigenen Saft, nicht in Öl}
• Kalkhaltiges: Sepiaschale, gemahlene Eierschalen oder Calcium-Pulver in eigenen Futtersticks verwenden

[Bild: DSC_5039.jpg]
P. crassimanum knackt Turmdeckelschnecke.

Verhalten: Obwohl diese Krabbe durchaus revierbildend orientiert lebt, benötigt sie im Rahmen einer artgerechten Haltung doch eine (zumindest) kleine Gruppe um sich. Die Krabben verfügen über ein deutlich beobachtbares Sozialverhalten.

Mehrere Männchen dulden sich in einem Aquaterrarium gegenseitig, sofern ausreichend Platz und Versteckmöglichkeiten vorhanden sind. Generell sollten sowohl auf den Landteilen, als auch im Wasser immer mehr Verstecke als Tiere im Becken vorhanden sein. Diese Verstecke müssen nicht nur eine räumliche, sondern ebenso eine visuelle Abgrenzung ermöglichen.

Die Krabben halten sich gerne in direkter Nähe zu potentiellen Verstecken auf, so dass sie bei vermeintlicher Gefahr eine schnelle Rückzugsmöglichkeit nutzen können, jedoch kann man auch ausgedehnte Spaziergänge der Tiere beobachten, während derer sie mit ihren Scheren recht kontinuierlich den jeweiligen Boden nach Futter durchsuchen (picken, tasten).

[Bild: DSC_3189.jpg]
Eine Vergesellschaftung mit Fluss- oder Zwergflusskrebsen endet eigentlich immer so: Im Verdauungstrakt der Krabben.

Revier- und Rangkämpfe unter männlichen Tieren lassen sich immer wieder mal beobachten, jedoch kommt es nur selten zu Extremitätenverlusten. Diese Kämpfe haben oftmals den Charakter von Schaukämpfen, bei denen jeder mal die Druckkraft und Größe seiner Scheren vorführt, jedoch nicht gezielt zu verletzen versucht.

Auch unter den weiblichen Tieren lassen sich ab und an Revierstreitigkeiten beobachten, jedoch wesentlich seltener als bei den männlichen. Diese Art der Revierkonflikte haben ein gänzlich anderen Charakter als die Auseinandersetzungen der Männchen untereinander, da die Weibchen sich damit zufrieden geben, dass sie einen Störenfried erfolgreich verjagen ohne es auf ein direktes Kräftemessen ankommen zu lassen.

Es lassen sich immer wieder Phasen beobachten, in denen sich die Krabben überwiegend im Wasser aufhalten, jedoch bevorzugen es viele, sich für ihre Häutungsvorbereitungen an Land zurück zu ziehen. Ebenso gibt es bei diesen Tieren immer eine Exemplare, die einen generellen Aufenthalt an Land dem im nassen Element deutlich vorziehen. Eine Wurzel o.ä., die nur über das Wasser ragt, reicht auf Dauer keinesfalls (dies ist übergangweise bzw. in Notfällen ausreichend), da die Tiere sich auch Gänge graben.

[Bild: DSC_7666.jpg]
Krabben können fantastisch klettern (an sichere Abdeckung des Beckens denken!) und hängen auch gerne kopfüber oder seitwärts. Eine Silikonnaht reicht ihnen ebenfalls zum Erreichen des Beckenrandes.

Vermehrung: Die Vermehrung erfolgt als unspezialisierter Fortpflanzungstyp; die Weibchen tragen drei bis vier Wochen lang ein Eipaket, bestehend aus tausenden Eiern in ihrer Bauchtasche und entlassen dann ihre Larven ins Brack-/Meerwasser. Dort durchlaufen die Larven mehrere Zoea- und Megalopa-Stadien, bevor sie als Jungkrabben das Meer verlassen und an Land gehen. Vermehrung im Aquarium bisher in seltenen Fällen gelungen, ein ausführlicher Bericht über unsere Nachzucht ist hier zu finden:
http://www.beastiependent.de/krabben/Auf...nzucht.pdf

[Bild: DSC_0997.jpg]
Frisch gehäutet verlässt diese Krabbe ihre deutlich blassere Exuvie (leere Hülle).

Vergesellschaftungsmöglichkeit: Garnelen, Schnecken (kleinere können ab und zu verspeist werden), Guppys,  keine bodenlebenden Fische, Krebse oder andere Krabben

[Bild: 2009-06-02_DSC_0127.jpg]
P. moeschii-Männchen.

Bemerkungen:
• Die Bezeichnung "Rote Mangrovenkrabben stellt vorrangig eine Zusammenfassung mehrerer verschiedener Arten (in der Aquaristik vornehmlich Pseudosesarma) dar. Zu der Familie der Sesarmidae gehören neben den Pseudosesarma u.a. auch Chiromantes und Geosesarma. Manche Sesarmidae erreichen nur Körpergrößen von 5 mm, andere 5 cm. Die im AQ-Handel angebotenen Arten haben meist eine erreichbare Größe von 2 bis 4 cm.

[Bild: DSC_7800.jpg]
P. edwardsii.

• "Rote Mangrovenkrabben" sind eine sehr spezialisierte und hochentwickelte Gruppe der Brachyura (Echte Krabben). Ihre hohe Toleranz gegenüber unterschiedlichem Salzgehalt spiegelt die Vielfalt ihrer Habitate wider: Sie leben an Flussdeltas bis hinein in die Mangroven bis zu 30 Kilometer vom Meer entfernt.
Für ihre semi-terrestrische Lebensweise sind sie gut angepasst, in den Kiemen neben den Mundwerkzeugen können sie einen Wasservorrat zum Atmen mit an Land nehmen, das in einem Kreislauf über den Körper strömt und dabei wieder mit Sauerstoff angereichert wird. Für längere Landgänge (etwa bei Ebbe) haben sie zudem lungenähnlich Kiemen.

Sesarmidae sind außerdem geschickte Kletterer und Gängebauer. Ihre bis zu 1,5 m tiefen Gänge, die bis ans Grundwasser gehen können, dienen nicht nur als Versteck, sondern bieten auch Temperaturregulierung und Wasservorrat.
In ihren Lebensräumen sind sie wichtiger Bestandteil der Verwertungskette, da sie einerseits zu Millionen Vögeln und anderen Raubtieren als Nahrung dienen, andererseits selber bis zu 80 Prozent der herabgefallenen Blätter fressen und so verwerten. Sie fressen auch kleinere Tiere, die ihnen in die Scheren kommen, Aas und Früchte.

[Bild: DSC_3800.jpg]
Kein Streit, sondern eine Paarung.

Sie bilden zwar keine Kolonien wie Winkerkrabben, leben aber doch in Gruppen mit kleinen Einzelrevieren. Mit Scherengesten, Trommeln mit den Schreitbeinen auf dem Boden und dem Anbringen von Kotkügelchen haben sie vielfältige innerartliche Möglichkeiten der Verständigung. Meist kommen sie nach der Balz nur zur Paarung kurz zusammen, in der Aquarienhaltung wurden aber auch längere "Beziehungen" und das gemeinsame Einrichten und Bewohnen eines Baus beobachtet.

Die meisten Arten kommen in Südostasien vor, die Diversität in Amerika, Afrika und Australien ist deutlich geringer, in Europa gibt es keine Arten.

[Bild: DSC_4723.jpg] [Bild: DSC_4730.jpg]  [Bild: DSC_4736.jpg] [Bild: DSC_4739.jpg]  [Bild: DSC_4772.jpg] [Bild: DSC_4785.jpg]  [Bild: DSC_4791.jpg] [Bild: DSC_4794.jpg] [Bild: DSC_4802.jpg] [Bild: DSC_4807.jpg]
P. moeshi: Revierkampf zwischen zwei Männchen

• Wir halten derzeit in einem 120cm-Becken mit mehreren Landteilen in zweiter Ebene 17 adulte Krabben verschiedener Arten (P. moeshii, P. crassimanum, P. bocourti, P. edwardsii), darunter vier oder fünf Jungkrabben aus unserer Nachzucht von P. crassimanum. Nach der erfolgreichen Aufzucht und dem Heranwachsen der Jungtiere werden wir diesen Besatz möglicherweise demnächst korrigieren.

• Die meisten Pflanzen im Wasser und teilweise auch an Land werden zerrupft und gefressen!

[Bild: DSC_5120.jpg]
Trächtiges Weibchen mit Eipaket.

[Bild: DSC_2762.jpg]
Dieser Krabbe ist es tatsächlich gelungen, den Deckel einer großen Apfelschnecke zu knacken.

[Bild: DSC_4936_4940.jpg]
Um rote Mückenlarven entsprang dieser (folgenlose) Streit zweier Männchen.

[Bild: DSC_7616.jpg]
Nur selten wird mit Artgenossen geteilt.

[Bild: DSC_9848.jpg]
Die P. bocourti unterscheiden sich durch ihren hohen Schwarz-Anteil mit den knallroten Scherenspitzen sowie lila-blau-Anteilen deutlich von den sonst üblichen "Roten Mangrovenkrabben", tatsächlich werden sie auch "Blaue Mangrovenkrabbe" oder "Big Blue" genannt.

[Bild: DSC_5701.jpg]
Nur wenige Pflanzen sind vor Mangrovenkrabben sicher, hier ein P. bocourti-Weibchen.


Beispiele für geeignete Aquaterrarien:

[Bild: 2006-01-16rmangrov-DSC_3506.jpg]

[Bild: 2006-06-22rmangrov-DSC_1994.jpg]
60x30x40 cm (BTH)

[Bild: 2006-10-03rmangrov-DSC_4398.jpg]
120x40x50 cm (BTH)
Maat et joot, 'ne schöne Jrooß un bess demnähx, Ollie (vorher BEASTIE bzw. BEASTIEPENDENT)

[Bild: pw-mangroven7_312px.jpg] 
Krabben und andere Crustaceen (Krebstiere),
Muscheln, Schnecken und Zwergkrallenfrösche, Minidrachen (Zwergbartagamen + Hausgeckos) und Schlangen in rund 30 Becken
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